Die schleichende Gefahr: Wie minderwertiges Material die Lebensdauer von Gleitschirmen verkürzt

Bevor ein Gleitschirm in die Hände eines Kunden gelangt, durchläuft er einen gründlichen Prüfprozess, bei dem seine Übereinstimmung mit dem geprüften Muster vom Hersteller überprüft und bescheinigt wird. Zumindest in der Theorie. In der Realität hat der Hersteller diese Verantwortung oft auf Flugschulen, Händler oder sogar auf die Piloten selbst übertragen, was theoretisch versicherungstechnische Probleme bedeuten könnte. Doch das ist nicht das eigentliche Thema, das ich ansprechen wollte.

Vielleicht haben Sie es bereits bemerkt, wenn Sie schon länger fliegen: Durch neue EU-Gesetze und Verschärfungen wurde eine neue Nylonbeschichtung entwickelt, die wasserlöslich und nicht mehr so toxisch ist. Dies ist eine bedeutende Veränderung, die in den letzten Jahren bei allen Herstellern zum Einsatz kommt. Auf der einen Seite bietet dies einige Vorteile, aber auf der anderen verkürzt es deutlich die Lebensdauer eines Gleitschirms. Früher galt die Beschichtung als nahezu unzerstörbar, sodass man einen Schirm über Jahrzehnte fliegen konnte. Heutzutage muss man äußerst vorsichtig sein, um den Schirm überhaupt durch die drei Checkzeiten zu bringen – Feuchtigkeit, Hitze und UV-Strahlung müssen vermieden werden.

Leider können Schirme bereits seit der Produktion mit minderwertigem Material ausgeliefert werden. Es gab sogar eine Sicherheitsmitteilung vom 30. Juni 2022, in der eine unabhängige Gleitschirmwerkstatt das Problem des Stoffes Dominiko D30 gemeldet hat. Doch nicht nur D30 ist problematisch, sondern mittlerweile auch D20, Porcher Skytex 42 und Skytex 38.

Kürzlich habe ich mehrere neue Schirme kontrolliert, bei denen die Porositätswerte des neuen Stoffes durchschnittlich bei 300 lagen – früher waren es bei der Auslieferung 5000 Sekunden. Hersteller versuchen dies mit Ausreden zu erklären, dass der Stoff langsamer altert, aber die Erfahrung zeigt etwas anderes: Nach dem zweiten Check muss man den Schirm nicht mehr flugtauglich erklären. Bei einem aktuellen Preis von etwa 4000 € für einen Schirm und einer durchschnittlichen Flugzeit von nicht mehr als 40 Stunden pro Jahr für den durchschnittlichen Wochenendpiloten ergibt sich eine einfache Rechnung, was eine Flugstunde kosten wird, wenn man den Schirm nach vier Jahren wegwerfen muss.

Ich möchte alle Piloten dazu ermutigen, ihre Ausrüstung beim Neukauf gründlich zu überprüfen, insbesondere die Porosität des Stoffes, um keine unangenehmen Überraschungen zu erleben. Denn unsere Sicherheit steht an erster Stelle, und wir möchten noch viele Jahre sicher und mit Spaß fliegen können.

BHP -safety advisory DOMINICO D30

6 Gedanken zu “Die schleichende Gefahr: Wie minderwertiges Material die Lebensdauer von Gleitschirmen verkürzt

  1. Der Dude sagt:

    Vielen dank für die information!
    Frage mich aber bezüglich der kontrolle bei neukauf: hab ich denn ein anrecht darauf, dass die porösitätswerte (luftdurchlässigkeit?) hoch liegen müssen? Wie verhalten sich die hersteller dazu? Winden die sich nicht einfach mit iwelchen Floskeln, wie du beispielswiese bereits beschrieben hast „mit verbesserten abnützungserscheinugen“?

  2. Eugen Wolf sagt:

    Vielen Dank für deine Frage!

    In Bezug auf die Kontrolle beim Neukauf und deinem potenziellen Anspruch auf bestimmte Qualitätsstandards wie Luftdurchlässigkeit: Es ist wichtig zu wissen, dass Verbraucher in vielen Ländern das Recht auf Produkte von angemessener Qualität haben, die den üblichen Erwartungen entsprechen. Das schließt auch die Haltbarkeit und Gebrauchstauglichkeit des Produkts ein. Tatsächlich haben Verbraucher oft das Recht auf bestimmte Qualitätsstandards wie Luftdurchlässigkeit, da Hersteller in der Regel Musterprüfungen durchführen müssen, um sicherzustellen, dass ihre Produkte den festgelegten Standards entsprechen.

    Was die Porositätswerte betrifft und die Reaktion der Hersteller darauf: Ja, es ist bekannt, dass bestimmte Produkte wie die Domenico D30 und nun auch die Domenico D20 Probleme mit der Porosität aufweisen, was dazu führt, dass das Material schnell unbrauchbar wird. Einige Hersteller sind sehr kulant und bereit, in solchen Fällen den Schirm bei rechtzeitiger Reklamation umzutauschen oder anderweitig zu erstatten.

    Es ist jedoch zu beachten, dass es nach Ablauf einer bestimmten Zeit, z.B. nach zwei Jahren, möglicherweise schwieriger wird, solche Ansprüche geltend zu machen. Dies liegt daran, dass es schwierig sein kann, zu beweisen, dass der Schirm ordnungsgemäß gelagert oder verwendet wurde. In solchen Fällen könnten Hersteller sich möglicherweise zurückziehen.

    Es ist daher ratsam, bei Kauf von Produkten darauf zu achten, dass die Qualität den eigenen Erwartungen entspricht, und im Falle von Problemen rechtzeitig Reklamationen zu stellen. Es könnte auch hilfreich sein, alle relevanten Dokumente wie Kaufbelege aufzubewahren, um im Bedarfsfall Nachweise zu haben.

  3. Jörg sagt:

    Kunden u. Hersteller sollten das Recht auf Material der höchsten Qualität haben u. ggf. bei den EU-Behörden mit rückwirkendem Schadensersatz einfordern. Denn vieles kann giftig sein. Dann muss eben die Entsorgung u. nutzung darauf eingestellt werden, nicht die Produkte einfach hinterrücks ohne die KUNDEN/Hersteller einzubezieben aus dem Verkehr nehmen. Es ein wenig wie mkt der Atomkraft, ODER? Also Forxerungen stellen, Termine setzen u. bei Nichtreaktion Strafantrag wg. Hinterhältige Benachteiliging u. Schadensersatz FORDERN!! So würde ein schuh daraus, ODER?

  4. Eugen Wolf sagt:

    Jetzt ist die Wassercuppee dran die den Alarm auslöst
    Auschnitt:
    Empfehlung an alle Gleitschirmpiloten:
    Vor nächstem Flug Porositätsmessung durchführen lassen!


    Nach einem entsprechenden Hinweis des Verbandes an alle Gleitschirmhersteller haben wir in den vergangenen Tagen mehrere Porositätsmessungen im Luftfahrttechnischen Betrieb Wasserkuppe durchgeführt. Dabei sind Schirme mit geringen Luftwerten aufgefallen. Es handelt sich um Schirme, die Tücher vom Typ Dominico 30 DMF (DOKDO 30) verwenden.

    Es ist nicht auszuschließen, dass in einzelnen Segmenten verschiedener Gleitschirme verschiedener Hersteller und verschiedener Baujahre (auch aktuelle oder neue Geräte) dieses fehlerhafte Tuch verbaut wurde.

    Seit über einem Jahr werden die Luftwerte bei Verwendung der betroffenen Tücher während der Produktion alle 10 Meter gemessen. Trotzdem ist nicht ausgeschlossen, dass die Porositätsmessung nach kurzem Gebrauch dennoch zu niedrig ausfällt.

    Dieses Thema betrifft keinen bestimmten einzelnen, sondern alle Anbieter, die das weit verbreitete DOKDO 30-Material verwenden. Wir gehen davon aus, dass etwa 1-3 Prozent der Gleitschirme mit diesem Tuch betroffen sein dürften.

    Auf Anfrage beim Sicherheitsreferat des Deutschen Gleitschirm- und Drachenflugverbandes (DHV) wurde uns mitgeteilt, dass derzeit Untersuchungen zur Thematik laufen und auch die Paraglider Manufacturers Association (PMA) informiert wurde. Insbesondere geht es um die Frage, wie sich die erhöhte Luftdurchlässigkeit auf das Flugverhalten auswirkt.

    Gemäß den Rechtsvorschriften sind die Grenzwerte der Hersteller für die Luftdurchlässigkeit als Voraussetzung für die Lufttüchtigkeit verbindlich.

    Wir empfehlen daher vorsorglich allen Piloten, die einen Gleitschirm mit dem Tuch DOKDO 30 fliegen, an ihrem Gleitschirm (unabhängig von Hersteller, Modell und 2-Jahres-Check) vor dem nächsten Flug eine Porositätsmessung durchführen zu lassen.

    Solche Messungen kannst du bei uns in Elpe/Sauerland, im Luftfahrttechnischen Betrieb auf der Wasserkuppe, im Stubai und in Lüsen bekommen. Eine Messung mit dem Porosimeter dauert nur wenige Minuten und ist für bei uns gekaufte Geräte kostenlos; für andere Geräte berechnen wir 20 Euro pro Messung.

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